Aufbruch – „Die goldenen 20er“ von Daniela Bieler

Mit dem Titel von Daniela Bielers Serie „Die goldenen 20er“ assoziierte ich zunächst etwas anderes, als die junge Künstlerin offensichtlich damit meinte, denn gemeinhin wird die Zeit der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts so bezeichnet. Doch andererseits sind wir nun genau 100 Jahre später wieder in den 20ern, ob sie dann in der Retrospektive ebenfalls als golden bezeichnet werden können, muss sich noch zeigen. Sicher ist auch diese Assoziation der Künstlerin beabsichtigt, auch wenn sie damit die 20er ihres eigenen Lebens meint. Für Daniela sind es also goldene Zeiten, was sicher ebenso mit ihrer Hinwendung zur Kunst in enger Verbindung steht.

Ihr Acrylbild „Aufbruch“ ist für mich eines der beeindruckendsten Werke dieser Serie. Abstraktion trifft sich hier mit der für mich realen Szenerie einer wasserüberfluteten Landschaft, vielleicht des Küstenbereiches eines Wattenmeeres, aus großer Höhe betrachtet. Ich sehe in den Sielen fließendes Wasser und dazwischen nur wenige Zentimeter über diesen Wasserspiegel herausragende Sandflächen. Alles ist in ständiger Veränderung, die Gezeiten formen diese Landschaft fortwährend neu. Der titelgebende Aufbruch ist unaufhaltsam, einer Naturgewalt entsprechend, die durch das Meer entsteht. Dabei wird die Unergründlichkeit und das Unvorhersehbare eines solchen Aufbruchs deutlich, keine eindeutig definierte Richtung ist erkennbar und welche Untiefen uns erwarten, können wir nur erahnen. Wer sich jemals, so wie die junge Malerin, entschlossen hatte zu unbekannten Ufern aufzubrechen, sich dahin treiben zu lassen, wo das Herz einen hinträgt, kann die tiefen Emotionen in diesem Werk spüren. Wird sich mitnehmen lassen zu diesem Aufbruch und sie dabei begleiten, vielleicht nur ein Stück des Weges, vielleicht auch bis zum Ziel, wo immer es am Ende liegt. Und wir können froh sein, wenn wir nicht allein inmitten dieser Unergründlichkeit sind, Gefährten haben, mit denen wir das Abenteuer gemeinsam bestreiten können.

In meinem eigenen Leben habe ich bereits einige Aufbrüche hinter mir. Einige davon musste ich allein wagen, auch das kann ich in diesem Bild empfinden. Ich sehe mich buchstäblich als kleinen Punkt inmitten der Szenerie, allein meinen eigenen Weg suchend und dabei doch nach Freunden Ausschau haltend, mit denen es leichter ist. Und seit einiger Zeit befinde ich mich auch tatsächlich wieder auf einem neuen Weg, bin vor einiger Zeit aufgebrochen und auch noch weit vom Ziel entfernt. Bei diesem Aufbruch hatte ich von Anfang an das richtige Geleit, konnte gemeinsam mit Freunden nach der besten Richtung suchen. Wenn unsere Herzen verbunden sind, miteinander und füreinander schlagen, verlieren wir nicht unsere Ziele aus den Augen und auch nicht uns selbst, finden uns vielmehr wieder und damit unsere eigentliche Bestimmung, können irgendwann endlich ankommen. Vielleicht ist es das dann das Ziel, vielleicht auch der Startpunkt, um erneut aufzubrechen. Das Leben überrascht uns immer wieder.

Der Aufbruch von Daniela Bieler vereint Harmonie und Spannung, lässt hoffen und mahnt auch zur Vorsicht. Er ist ein Sinnbild für die Unendlichkeit der Möglichkeiten, der Träume und Hoffnungen, aber auch für Gefahren und Widerstände, die uns aufhalten können. Doch immer gibt es einen Ausweg, manchmal ein Umweg, der sich letztlich doch als kürzester erweist. Wenn wir unserem Herz folgen, finden wir ihn, das ist gewiss.

Herzlich, Holger

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